Raupennahrungspflanzen:
Im Feuchtwiesenbereich leben die Raupen meist an Succisa pratensis (Teufelsabbiss), im Alpengebiet an Gentiana punctata (Gentianaceae), Gentiana acaulis und weiteren Enzianen sowie Scabiosa lucida (Dipsacaceae). Im Jura lebt die Art an den wenigen Vorkommensstellen meist an Scabiosa columbaria. Dazu wird gelegentlich Knautia arvensis befressen, wo ich beispielsweise auf einer wechselfeuchten Wiese im Ammerseegebiet Kahlfraß im Frühjahr beobachtete, und Knautia dipsacifolia (etwa in Waldlückensystemen der Allgäuer Voralpen um 1500m NN beobachtet). Sehr selten werden weitere, verwandte Gattungen genutzt wie Menyanthes oder in Teilen des Verbreitungsgebiets (Spanien) auch Lonicera, die als Caprifoliaceae zusammen mit den Dipsacaceae (Knautia, Succisa, Scabiosa) zu der Ordnung Dipsacales zusammengefasst wird. Allerdings werden heute die Populationen Spaniens und auch Nordafrikas als eigene Art E. beckeri aufgefasst. Interessanterweise fand ich im Mai 2008 im Engadin (Val Rosegg) in 2000m NN über 10 Raupen, die an unteren Trieben von Lonicera coerulea fraßen! Gentiana fand ich im Umkreis mehrerer Meter nicht.
Lebensraumansprüche:
Euphydryas aurinia besiedelt eine Vielzahl von Offenlandbiotopen, denen aber allen gemeinsam ist, dass sie nur sehr extensiv bewirtschaftet werden und generell nährstoffarm bis höchstens mäßig nährstoffreich sind. Ursprünglich wird wohl sämtliches extensives Grünland Mitteleuropas bis hoch in die Alpen hinauf besiedelt worden sein. Dort fliegen kleinere, dunklere und schwächer beschuppte Exemplare, die früher unnötigerweise als eigene Art Euphydryas debilis abgetrennt wurden.
Heute ist Euphydryas aurinia durch Intensivierung im Tiefland auf Grenzertragsstandorte wie Moorwiesen und Trockenrasen zurückgedrängt worden. Der Falter benötigt niedrigwüchsige oder maximal mäßig hochwüchsige, stark besonnte, nicht zu verfilzte Flächen zur Eiablage (Raupennahrungspflanze muss weitgehend frei und stark besonnt stehen) und meidet andererseits aber auch intensiv beweidete Flächen vor allem in tieferen Lagen.
Entwicklungszyklus:
Die Raupe überwintert oft als L4, selten als L3 (vor allem im Gebirge jünger). Im Flachland seltener und im Gebirge häufiger bis regelmäßig kommt eine repetetive, zweite Raupenüberwinterung vor. Raupen und später Puppen fand ich im Flachland von März bis Mai, im Gebirge noch Anfang Juli. Die Puppen waren in einem Biotop gerne an Blattoberseiten von Colchicum autumnale angesponnen. Die Falter fliegen von Mai bis Anfang Juli, im Gebirge noch im August. Die Eiablage erfolgt in Haufen an die Blattunterseite und wurde von mir an Scabiosa lucida (Allgäuer Alpen), Succisa pratensis (Allgäu) und Gentiana acaulis (Schweizer Alpen) beobachtet. Die Jungraupen-Gemeinschaftsgespinste fallen im August/September an den Pflanzen sehr auf.
Gefährdung: stark gefährdet
Gefährdungsursachen:
Euphydryas aurinia geht außeralpin sehr zurück aufgrund von Lebensraumverlust wegen Intensivierung, Aufforstung, falscher Pflege und Isolation. Diese Art verträgt weder zu intensive Beweidung noch ein dauerndes Brachfallen. Entscheidend ist die Korrelation mit der natürlichen Wüchsigkeit des Lebensraumes, d.h. schwachwüchsige Flächen müssen nicht alljährlich gemäht werden, starkwüchsige hingegen schon, wobei nur auf noch mageren Flächen gewisse, nicht zu große (5-10%), wechselnde Bracheanteile anzustreben sind. Am besten dürfte für diese Art auf Feuchtwiesen (Molinieten u.a.) eine Mahd im September sein, wobei auf wüchsigen Stellen auch eine Totalmahd mit dem Kreiselmäher zumindest von vitalen Populationen vertragen werden kann (Auskunft A. Nunner).
Das Hauptproblem für Euphydryas aurinia ist somit heute auf den verbliebenen Flächen (insbesondere auf Streuwiesen) die Nährstoffakkumulation und nachfolgende Vegetationsverfilzung durch zu späte oder ausbleibende Mahd. Wo durch Spätmahd (Ende September/Oktober) bereits keine ausreichend lückigen, niedrigwüchsige Strukturen erhalten werden können, ist eine regelmäßige Mahd der besiedelten Flächen bereits Anfang September ratsam. Kleinere, wechselnde Teile der Habitate (ca. 20% der Fläche) können auch durch eine zusätzliche Frühmahd etwa Anfang Juni in geeignetem strukturellem Zustand gehalten werden (Verringerung von Verfilzungstendenzen).
Im Alpenraum ist Euphydryas aurinia derzeit zumindest in höheren Lagen noch häufig und weit verbreitet an nahezu jedem Berg (Allgäu, Vorarlberg, Schweiz).
Bemerkungen:
FFH-Art (Anhang II).
Die Verbreitung erstreckt sich von den Pyrenäen über Europa und das gemäßigte Asien bis Korea.
Heute werden die südwestlichen Populationen, die früher als ssp. beckeri aufgefasst wurden, als eigene Art behandelt (Nordafrika, Iberische Halbinsel), siehe bei Euphydryas beckeri.