Raupennahrungspflanzen:
Potentilla ist die mit Abstand wichtiste Raupennahrungsgattung, so Potentilla erecta, Potentilla reptans (beispielsweise im schwäbischen Donaumoos oder in Nord-Griechenland (Olymp), Potentilla verna (z.B. im Saarland oder Haidereste bei München), Potentilla pusilla (z.B. in der Valle di Susa, Piemont) und Potentilla recta (Griechenland). Manchmal findet die Eiablage auch an Helianthemum (Sonnenröschen) statt, das von Raupen in der Zucht problemlos akzeptiert wird.
Lebensraumansprüche:
Pyrgus armoricanus braucht nur sehr spärlich von höherwüchsiger Vegetation bewachsene Stellen, wo Potentilla-Pflanzen offen dem Boden bzw. Moos anliegen können. Im mehr ebenen Donaumoos werden besonders trockene, kleine, südexponierte Böschungen und Trampelpfade als Larvalhabitate genutzt. Insgesamt kommen die Falter immer in magerem Offenland vor, sei es in Kalk-Magerrasen oder teilweise bodensauren, trockengefallenen Niedermooren. Bei uns sind diese Formationen zumeist von einer als Wanderschäferei betriebenen Beweidung abhängig, da sich sonst allmählich hochwüchsigere Verhältnisse einstellen würden.
Auch in Südeuropa kommt Pyrgus armoricanus oft an feuchten Stellen vor, wo ich sie etwa am Olymp in Weiden mit Wasserdruckstellen fand. Im Süden (im Norden nur in besonders warmen Jahren) kommt der R-Charakter der Art mehr zum Tragen. Eiablagen beobachtete ich etwa mehrfach an einem Parkplatzrand in einer Hotelanlage im Küstenbereich der olympischen Riviera in Nordgriechenland, wo viel Potentilla reptans wuchs.
Entwicklungszyklus:
Pyrgus armoricanus hat bei uns mindestens zwei Generationen, in warmen Jahren auch eine stärker in Erscheinung tretende 3. oder lokal sogar 4. Generation (Ende April bis Juni, Juli/August und September/Anfang Oktober, Oktober/Anfang November). Die Raupen durchlaufen vier Häutungen und entwickeln sich bei Wärme sehr schnell. Überwintert wird in den Larvalstadien L1 (nach später Eiablage) bis L4 (am häufigsten). In ihrer Entwicklung ist Pyrgus armoricanus den potenziell azyklischen Arten zuzuordnen, ähnlich wie etwa Polyommatus icarus oder Lycaena phlaeas. Dieser schnelle Entwicklungszyklus bedingt die starke Ausbreitungstendenz in sehr warmen Jahren. Meist brechen diese Sekundärpopulationen in den Folgejahren wieder rasch zusammen und Pyrgus armoricanus ist wieder auf ihre günstigen Stammhabitate angewiesen.
Gefährdungsursachen:
Gefährdet ist Pyrgus armoricanus durch Biotopverlust (Eutrophierung, Brachfallen, Intensivierung, Überbauung, Zerstückelung und neuerdings auch durch Renaturierungen seitens des Naturschutzes wie Wiedervernässungen von besiedelten Flachmooren) und Isolation der wenigen verbliebenen Bestände. Der Falter breitet sich in warmen Jahren allerdings stellenweise aus, konnte aber nördlich der Alpen durch den Mangel an Habitaten wegen der dichten Besiedlung des Menschen und der intensiven Nutzung fast aller Flächen wohl nur sehr kleinräumig vom Klimawandel profitieren (derzeit etwa am Oberrhein, 2009 beim elsässischen Hirtzfelden von mir beobachtet). Seit den letzten Jahren, besonders aber im trockenheißen Jahr 2022, expandiert Pyrgus armoricanus aber auch in Mitteleuropa immer schneller. Sie hat bereits das Stadtgebiet von Stuttgart erreicht. Durch die Trockenheit sind auch Stellen als Larvalhabitat geeignet, die in feuchteren Jahren zu mastig sind. Die Extensivierung von öffentlichem Grün bringt weitere Ansiedlungsmöglichkeiten.
In Südeuropa gehört Pyrgus armoricanus schon immer zu den regelmäßig zu beobachtenden Pyrgus-Arten und ist etwa in Nord-Griechenland recht häufig.
Bemerkungen:
Pyrgus armoricanus ist in Europa (außer dem Norden und Nordwesten) von der Südspitze Schwedens bis Sizilien weit verbreitet, aber im Norden nur mehr reliktär infolge Biotopvernichtung. Daneben fliegt der Falter noch in Nordwestafrika und in Westasien (Türkei, Iran etc.). In den letzten Jahren ist stellenweise aufgrund der Klimaerwärmung eine Ausbreitung zu verzeichnen, da die polyvoltine Art auf höhere Temperaturen mit einer deutlich höheren Reproduktionsrate reagiert. 2019 war Pyrgus armoricanus in Teilen Deutschlands (Oberrhein und angrenzende Gebiete, Rheinland-Pfalz, Saarland etc.) schon fast als weit verbreitet zu charakterisieren und hat 2022 Stuttgart erreicht.
Hinweise zur Bestimmung:
Pyrgus armoricanus kann vor allem mit anderen Vertretern des Pyrgus alveus-Komplexes verwechselt werden. Neben Hinweisen durch Meereshöhe, Flugzeit, Kenntnis der Gebietsverhältnisse, Faltergröße und weiteren morphologischen Details lässt sich Pyrgus armoricanusidentität meist nur durch Genitaluntersuchung zweifelsfrei feststellen. In Südwesteuropa und Italien kann es zudem manchmal zu Verwechslungen mit Pyrgus onopordi kommen.