Die bisherigen Lebensräume machen einen Großteil der bedeutenden Naturhabitate aus. Daneben gibt es aber auch noch weitere,
zum Teil anthropogene Habitate, die kurz angesprochen seien. Binnendünen, Felsen und Steinbrüche tragen zwar meist ebenfalls Pflanzengesellschaften der Magerrasen,
diese sind aber oft extremer ausgebildet (Mikroklima, Offenboden!).
Unter die Sonderstandorte soll hier zudem auch das Kulturland im engeren Sinne einbezogen werden.
Binnendünen, Sandrasen
Ausgedehnte Dünen und Sandmagerrasen finden sich an den Küsten, aber vereinzelt - hier meist kleinflächiger - auch im Binnenland, besonders wenn die sie sonst meist bedeckende Vegetation (Kiefern-, Eichen/Birkenwald) durch verschiedene Nutzungen zurückgedrängt wird.
Ein Beispiel sind Truppenübungsplätze etwa in Brandenburg, die durch die Nutzung offen gehalten wurden. Durch Brachfallen, Umwandlung in Sonderkulturen (Spargel!), Überbauung, Aufforstung u.a. sind sie vielerorts, etwa in der nordbadischen Oberrheinebene, extrem zurückgegangen.
Größere Sandgebiete mit unterschiedlichen Stadien an Magerrasen und lichten Wäldern sind oft erstaunlich artenreich. Neben Bienen, Wespen, Ameisen, Netzflüglern kommen zahlreiche Schmetterlinge und Heuschrecken vor. Zu nennen sind Myrmeleotettix maculatus, Oedipoda caerulescens, Sphingonotus caerulans, Hipparchia semele, H. statilinus, H. alcyone, Coscinia cribraria, Staurophora celsia u.a.
Ursache ist die geringe Vegetationsbedeckung und das xerotherme Mikroklima. Sandrasen und Dünen sind unbedingt erhaltungswürdig und bedürfen der Pflege und Entwicklung.
Wildflusslandschaften
Dieser früher in Süddeutschland noch recht verbreitete Biotoptyp (Oberrhein, Iller, Isar, Lech, Inn usw.) ist nahezu ausgerottet worden (Flussverbauungen aller Art für Hochwasserschutz, Schiffahrt, Landgewinnung und Stromerzeugung). Der letzte Rest findet sich in Deutschland an der obersten Isar oberhalb des Sylvensteinspeichers. Hier kamen mosaikartig verzahnt Trockenwälder mit Kiefer, Kiesbänke unterschiedlichen Sukzessionsstandes mit Deutscher Tamariske, Lavendel-Weide und hoch spezialisierten Grashüpfern (Chortippus pullus, Bryodemella tuberculata, teils Tetrix tuerki) und Magerrasenstadien vor. Strom aus Wasserkraft mag CO2-günstig sein, ökologisch ist er aber sicher nicht!
Felsen
Felshänge beherbergen eine Fülle spezialisierter Tier- und Pflanzenarten. Besonders wichtig ist hierfür das xerotherme Mikroklima und die an den flachgründigen Stellen nur schüttere Vegetation. In felslosen Magerrasen lässt sich ein ähnlicher Zustand nur durch regelmäßige Störung, d.h. recht intensive Beweidung in Wanderschäferei aufrechterhalten!
Bei Felsen ist die Besonnung ausschlaggebend. Schattige Felsen beherbergen zwar auch ein spezialisiertes, einzigartiges Arteninventar, besonnte Felsen weisen aber zumeist deutlich mehr und spektakulärere Arten auf.
Felshabitate sind gefährdet durch Sukzession, Hochwachsen umgebender Wälder mit nachfolgender Beschattung, vereinzelt auch Überbauung oder Zerstörung beim Straßenbau sowie durch exzessiven Freizeitsport (Klettern!). So wurde insbesondere durch ersteren Punkt der Apollo-Falter im außeralpinen Mitteleuropa beinahe ausgerottet.
Steinbrüche/Kiesgruben
Steinbrüche weisen mesit stark exponierte Böschungen und flachgründige Halden auf, was die Entstehung schütterer, lückiger und so xerothermer Magerrasen in allen Stadien begünstigt. Hier können dann auch noch Arten mit extremeren Ansprüchen wie etwa Spiris striata, Hyphoraia aulica, Satyrium acaciae und andere überleben. Auch Vertreter anderer Gruppen sind reich vertreten. So ist etwa die Schnecke Trochoidea geyeri auf der Ostalb ein typischer Bewohner von Felshängen und schütteren Abraumhalden in Steinbrüchen. An weniger extremen Stellen finden sich dann normale Magerrasenarten.
Diese Verzahnung der Habitattypen bedingt die hohe Artenzahl. So kommen etwa in einem alten Steinbruch auf der östlichen Schwäbischen Alb mit umgebenden Magerrasen über 60 Tagfalterarten vor!
Artenschützerisch bedeutsam sind aber vor allem mit alten, kleinräumigen Methoden entstandene Steinbrüche und nur in etwas geringerem Maße durch großflächigen, modernen Abbau erschlossene.
Gefährdet sind Steinbrüche durch die Sukzession (Verwaldung) und durch die Rekultivierung. Bei letzterer werden Gruben/Steinbrüche mit fettem Oberboden verfüllt und wieder der Landwirtschaft bzw. Forstwirtschaft übergeben. Somit wird die Chance, in der heutigen Zeit immer seltener werdende Biotope zu erhalten, sinnlos vertan.
Äcker
Äcker sind meist nur bei heute kaum mehr vorkommender sehr extensiver Nutzung von größerer Bedeutung (etwa Kalkscherbenäcker mit Brachezeiträumen).
Intensivere Ackerbaugebiete werden hingegen nur von wenigen Arten besiedelt. Ackerrandstreifen bieten etwa Aphantopus hyperanthus und
Thymelicus lineola einen Lebensraum. An Ackerkratzdistel finden sich Raupen vom Distelfalter, an Brennesselherden Nymphalis io, N. urticae und
V. atalanta. Oft an Winden am Rand von Maisäckern etc. finden sich im Juli/August Raupen vom Windenschwärmer. Fehlen die Ackerraine, werden
selbst die Ubiquisten verdrängt. Eine heute vielerorts verschwundene ehemalige Charakterarten extensiver Ackerbaugebiete mit breiten Rainen ist die Heuschrecke Chorthippus apricarius.
Wirtschaftswiesen/-weiden
In extensiveren Ausprägungen durchaus sehr wichtig, sind die heutigen, große Flächenanteile einnehmenden Vielschnitt- und Güllewiesen hingegen im Allgemeinen für keine einzige Tagfalterart und nur für sehr wenige Heuschrecken (Chorthippus parallelus, C. albomarginatus) und Nachtfalter (Autographa gamma, Hepialus humuli etc.) besiedelbar. Ausnahmen kommen nur in heißen, trockenen Jahren wie 2003 vor. Durch geringeren Aufwuchs, geringere Mahdhäufigkeit bei wärmerem Mikroklima (schnellere Entwicklung) konnten sich etwa im Unterallgäu bei Memmingen Polyommatus icarus und Colias hyale (beide oft an Weißklee) in Intensivwiesen hinein ausbreiten. Stellenweise gelang dies auch P. semiargus, der 2003 3 Generationen im Unterallgäu hatte.
Doch bei intensiverer Nutzung im Folgejahr und feuchterem Wetter brachen diese Bestände umgehend wieder zusammen.
Wegränder/Verkehrswege
Breite Straßenböschungen, Bahndämme und Wegränder können ein Ersatz für seltener gemähte Wiesen sein. So können sich das Schachbrett (Melanargia galathea) oder auch Erebia medusa oft entlang von Straßen mit breiten Rändern noch halten, während sie aus der Umgebung schon fast verschwunden sind. Werden Böschungen ohne fetten Oberbodenauftrag angelegt, können sich auch artenreiche Biotope mit Zygaena ephialtes etc. entwickeln.
Leider werden fast alle Böschungen mit Gehölzen zugepflanzt und damit wertlos für Offenlandbewohner. Lediglich Gehölzarten wie einige Schwärmer und Zahnspinner kommen dann noch vor. Doch auch diesen wird das Leben durch viel zu hohe Streusalzdosen und hohes Verkehrsaufkommen schwer gemacht. Die wenigen von der Entwertung durch Gehölze verschont gebliebene Streifen werden dann zur Unzeit (im Juni/Juli) gemäht.
Es wäre sehr sinnvoll, wenn mindestens 50% der Straßenrandstreifen, besonders an sonnigen, rohbodenreichen Böschungen, nicht mit Gehölzen bepflanzt und nur einmal ab August gemäht würden!
Gärten/Parks
...sind meistens ziemlich wertlos für die heimische Fauna und Flora, zumindest jedoch für gefährdete Arten. Nur wenige Gruppen wie Gehölzbewohner sind bei entsprechender Gehölzauswahl besser vertreten. Auch naturnahe Gärten können anspruchsvollen Arten nicht gerecht werden! Aber sie spielen dafür durchaus eine Rolle, wenn es um die Verlangsamung des Rückgangs sogenannter häufiger, weit verbreiteter Arten geht. Auch dienen sie pädagogischen Zwecken.
In dem abgebildeten Garten, der neben einem kleinen Teich eine nur einmal im August gemähte Wiese und eine Hecke aus einheimischen Arten beinhaltet, kommen immerhin Arten wie Polyommatus icarus, Aphantopus hyperanthus, Ochlodes venatus, Thymelicus sylvestris, T. lineola, Chorthippus dorsatus, Gomphocerippus rufus u.a. vor. An Aconitum finden sich regelmäßig Raupen von Polychrysia moneta (die im nahegelegenen Illergebiet vorkommt). Erwähnenswert sind auch viele Wildbienen, darunter Megachile ericetorum und Anthidium oblongatum. Jahrweise finden sich zudem Raupen vom Schwalbenschwanz und diverser Schwärmer.
Intensive Gärten mit englischem Rasen und Thuja-Hecke sind hingegen völlig bedeutungslos!